Institut für Altertumswissenschaften Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie

FRINGES – Forschungen am Rande intrakultureller Grenz-, Einfluss- und Siedlungsgebiete


Sicht auf den Fundplatz in Lanke, Kr. Barnim von Südwesten
In der Bronzezeit-Forschung gehört der Norden Brandenburgs zu den interessanten Gebieten, markiert er doch den südlichen Randbereich des so genannten „Nordischen Kreises“ der Bronzezeit. Jener ist vor allem durch in nordischer Tradition stehende Metallerzeugnisse und Opfersitten, jedoch auch durch eine auf vergleichbaren Umweltbedingungen basierende Siedlungs- und Wirtschaftsweise geprägt. Nordbrandenburg befindet sich als Randzone dieses Einflussbereiches im Spannungsfeld zahlreicher weiterer kultureller Einflüsse aus dem Osten, Süden und Westen Ostmitteleuropas. Dennoch sind ausgedehnte archäologische Untersuchungen bekannter Fundplätze gerade im zentralen Teil Nordbrandenburgs rar, weshalb wir über den Übergang der späten Bronze- zur frühen Eisenzeit in der Region nach wie vor nur wenig wissen.
Verschiedene Forschungsprojekte in der mittelbaren Umgebung des Fundplatzes haben allerdings besonders in der vergangenen Dekade Hinweise darauf erbringen können, dass speziell in Periode IV-V der „Nordischen Bronzezeit“ (ca. 1100 bis 730 v. Chr.) die Bedeutung Nordbrandenburgs deutlich unterschätzt wurde. Es ist mit einem weit vernetzten Kulturraum zu rechnen, dessen Kontaktnetzwerk deutlich stärker ausgeprägt und wesentlich weitreichender war als bisher angenommen (Bsp. der Burgstall von Lossow, das Königsgrab von Seddin oder der Goldfund von Eberswalde).

Das im Jahre 2020 durch den Arbeitsbereich für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie des Institutes für Altertumswissenschaften der Universität Mainz in Kooperation mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum ins Leben gerufene Projekt „FRINGES – Forschungen am Rande intrakultureller Grenz-, Einfluss- und Siedlungsgebiete“ ist bestrebt diese Lücke schließen. Daher wurde im selben Jahr eine durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg geförderte Ausgrabung am Fundplatz Lanke, Kr. Barnim begonnen, welche 2021 fortgeführt wird. Es handelt sich um einen Siedlungsplatz auf einem etwa 14 ha großen, natürlich befestigten Plateau, das im Norden und Süden von Gewässern umgeben ist. Dies hebt den Fundplatz in der durch ein flaches Geländeprofil und eine ausgeprägte Bewaldung gekennzeichneten Region, deutlich von anderen Siedlungsplätzen ab.
Sowohl erste Klassifizierungen des Fundmaterials als auch die bisher ermittelten 14C-Daten belegen eine Besiedelung in Periode IV und V der nordischen Bronzezeit. Eine Kontinuität in jüngeren Perioden scheint sich anzudeuten, wird derzeit aber noch geprüft. Es zeichnet sich allerdings bereits ab, dass sich das Fundmaterial verschiedenen archäologisch beschriebenen Kulturgruppen zuordnen lässt, deren Datierung besonders am Übergang der Bronze- zur Eisenzeit noch nicht vollständig geklärt ist.

Ein interdisziplinärer Ansatz, der neben der kulturhistorischen Arbeitsweise auch ein ganzes Set an naturwissenschaftlichen Methoden inkludiert, wird eingesetzt, um sich den offenen Fragen zu nähern. Dazu konnten die Expertisen zahlreicher Kollegen der Römisch-Germanischen Kommission in Frankfurt, des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz, der Archäobotanischen Abteilung des Naturvidenskab am Moesgaard Museum in Aarhus (Dänemark), der Technischen Universität Darmstadt und des Curt-Engelhorn-Zentrums für Archäometrie in Mannheim eingeholt werden, welche sich den geophysikalischen, radiometrischen, radiologischen und mikroskopischen Analyse- und Datierungsmethoden widmen. Die Zusammenführung der Ergebnisse aller Disziplinen wird zu einem weit besseren Verständnis des Kulturraums und seiner überregionalen Kontakte, sowie der siedlungs- und Wirtschaftsweise von Gemeinschaften am Rand einer kulturellen Koine beitragen.

Kontakt:
Dr. Bianka Nessel
Tel.: +49 (0) 6131/39-28925
bnessel@uni-mainz.de















Fragmente eines 2020 gefundenen spätbronzezeitlichen Keramikgefäßes.